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Als Mutter allein mit einem Sohn

  • Laura
  • 1. Nov. 2020
  • 4 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 12. Nov. 2020

Männer dürfen einfach nach Lust und Laune Dinge tun, welche Frauen nicht dürfen. Einfach, weil wir Frauen sind. Beispiele gefällig? Gerne, hier kommen mal fünf an der Zahl:

Vor kurzem crashed mein Kollege einen Call mit mehreren Teilnehmern mit der Info: „Mir geht es nicht gut. Mein Hoden hat eine Entzündung“. Echt jetzt, er darf es sagen und ich nicht? Wäre die gleiche Situation identisch abgelaufen und hätte ich der Runde berichtet: „Mir geht es nicht gut, ich habe einen Pilz in der Scheide.“ Die Runde wäre doch bereits überfordert gewesen mit der Info, das ich Menstruations-Beschwerden habe.


Neulich gratuliere ich einen Kumpel zum Geburtstag. Er bedankt sich und ich frage was er grad an seinem sonnigen Geburtstag so Schönes macht. Er erzählt mir prompt, dass er grad auf dem Klo hockt. Was, wenn ich das sagen würde?


Auch mit meinem Ex-Partner erinnere ich mich noch gut an eine nennenswerte Szene, wo er seelenruhig sich mit meiner Mutter durch die offene Tür unterhielt, während er sein „Geschäft“ erledigte. Hätte diese Unterhaltung nicht warten können?


Oder ein Bekannter, dem war an einem heissen Sommertag so warm, dass er in Boxer Shorts rumlief. Und das in einer fremden Wohnung, in welcher auch ihm unbekannte Menschen zu Besuch kamen. Stellt euch vor, wenn ich die mir völlig unbekannten Leute im Tanga freundlich begrüsst hätte?


Oder der Kumpel, welcher einfach „einen Fahren liess“ und das dann mit Anfang 30 auch noch lustig fand.


Mir war selbst nicht bewusst, wie viele Erlebnisse ich dazu habe. Verrückt, nicht wahr?!

Es scheint einfach einen Unterschied zwischen den Geschlechtern Mann und Frau zu geben. Und das scheint auch beim Alleinerziehenden-Dasein so zu sein.

Neulich beim Grillen erzählte der eine Nachbar, dass eine Wohnung in der Nachbarschaft frei wird. Auf die Frage, warum diese so plötzlich frei werden würde, wurde erzählt, dass der Nachbar, dessen Frau ihn samt Kindern vor Jahren hatte sitzen lassen, nun eine liebevolle Frau kennen gelernt hat und sie gemeinsam in eine grössere Wohnung umziehen werden.

Die Gäste, welche das Schicksal des Nachbarn noch nicht kannten, stand die Fassungslosigkeit ins Gesicht geschrieben. Ein Mann und alleinerziehend? Aber das ist doch nicht möglich? Wenn ich als Frau allein mit einem Kind bin, dann ist das in unserer Gesellschaft kein Grund für einen Schockzustand. Doch wo ist denn hier bitte der Unterschied? Der einzige Unterschied besteht darin, dass ich eine Frau bin und er ein Mann ist.

Nun ist es doch aber so, dass ich einen Sohn habe, welcher eines Tages auch zu einem Mann heranwächst. Er bekommt nun nicht die Dinge des Lebens von seinem Vater erklärt und vorgelebt. Da ich aktuell auch keinen Partner habe, kommt er auch nicht in den Genuss, dass ein anderer Mann ihn äusserst mutig auf dem Spielplatz seine Grenzen austesten lässt. Wir Frauen sind nun halt einfach vorausschauender veranlagt und sehen Gefahren welche da sein könnten, aber in den meisten Fällen zum Glück nicht zum Tragen kommen.

Als ich mit einer befreundeten Familie am See war, habe ich versucht, in dem einem Moment die ängstliche Mutter zu sein und im nächsten den mutigen Vater zu spielen. Was vermutlich für meinen Sohn etwas befremdlich wirkte *lach*. Ich wollte halt unbedingt beide Elternteile abdecken.

Bei einem Spaziergang über den letzten Weihnachtsmarkt habe ich ihn auf meine Schulter genommen, das was bei Papi‘s immer so leicht aussieht, ist in Wahrheit Schwerst-Arbeit. Es war mir kaum möglich, sein Gewicht zu balancieren. Es war mir aber in diesem Moment wichtig, dass mein Sohn nicht auf diese Erfahrung verzichten musste und so habe ich halt die Zähne zusammengebissen.

Wenn ich dann einen Mann sehe, der diese Situation physisch viel einfacher meistern kann, werde ich immer etwas traurig. Denn mein Sohn wird älter und schwerer und ich bin ziemlich sicher, dass ich ihm dies nicht die gesamte Kindheit über bieten kann.

Auch versetzt sich mein Inneres immer in eine traurige Grundstimmung, wenn ich männliche Freunde von mir dabei beobachte, wie sie mit meinem Sohn spielen. Traurig, weil ich die andere Hälfte, so sehr ich mich auch bemühe, einfach nicht ersetzen kann. Wenn ich ihn dann eines Tages mal zeigen soll, wie das mit dem Toiletten-Gang funktioniert, so kann ich ihm das natürlich erklären, aber ich hätte mir einfach gewünscht, dass es sein Papa zeigen kann. In unserem Fall hat mein Sohn seinen Vater bis dato aber noch nicht einmal gesehen. Daher werde ich solche Dinge wohl übernehmen müssen.

Als mein Sohn erst eine Woche alt war, musste ich in eine andere Wohnung umziehen. Zum Glück hatte ich Hilfe von meinen Eltern. Auch hatte ich es mir anders vorgestellt, als von den Grosseltern aus dem Krankenhaus mit einem Säugling abgeholt zu werden. Und eben nicht von dem Papa des Kindes.

Mit dieser Enttäuschung im Gepäck, hatte ich gehörig die Nase voll von Männern. Ich habe zwischenzeitlich das Bohren, Grillen und vieles mehr gelernt. Insbesondere Möbel aufzubauen gehört mittlerweile zu meiner Paradedisziplin. Wofür brauche ich also einen Mann? Brauche ich nicht! Welche Auswirkungen wird die Abwesenheit der männlichen Seite aber auf das Verhalten meines Sohnes haben?

Beispielsweise wenn ich versuche, ihm ein klares „Nein“ zu sagen, so lacht er einfach und provoziert mich weiterhin. Daraufhin habe ich versucht, das „Nein“ mal gezielt und vor allem lauter zu äussern. Aber bei meiner Frauenstimme hört sich das eher nach einem kreischenden „Nein“ an und halt nicht wie ein bestimmtes klares Männer-Nein.

Ich frage mich also, wie bekomme ich es hin, den Partner zu ersetzen? Vermutlich gar nicht. Und vermutlich ist dies auch der falsche Ansatz mit der Alleinerziehenden-Situation umzugehen.

Ob, so wie es in dem Fall meines Sohnes ist, dass der Vater gänzlich fehlt, oder anderes herum, die Mutter – der zweite Teil fehlt einfach und man kann diesen auch nicht einfach ersetzen.

Aber ich kann es ja nicht ändern. Daher werde ich versuchen, meinem Sohn gezielt Männer vor die Nase zu setzen. Und zwar Männer, die entgegen der fünf Beispiele zu Beginn dieses Textes, ein gutes, anständiges und respektvolles Benehmen haben und ihm Orientierung in Bezug auf sein männliches Geschlecht geben können. Und das ist dann doch auch viel Wert, oder nicht?






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