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Mama, ich brauche nur dich

  • Laura
  • 8. Dez. 2020
  • 6 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 19. Feb. 2021

Als ich im 4 Schwangerschaftsmonat war, zeichnete sich mein Bauch so langsam ab und so kaufte ich meine erste Schwangerschaftshose.

Es war aber auch die Zeit, in der ich die mir zunächst ziemlich trostlos erscheinende Gewissheit erlangte: «Ich werde alleinerziehend sein».


Was das genau zu bedeuten hatte, konnte ich zu dieser Zeit aber noch gar nicht absehen. Denn es war mein erstes Kind, welches da in meinem Bauch heranwuchs. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich auch noch keine bewussten Berührungspunkte mit «Alleinerziehenden» gehabt. Ohne dass ich es wollte, kam auch mir als erstes das Klischee von «HARTZ IV» in den Kopf. Nur fühlte ich mich selbst überhaupt nicht dieser Kategorie zugehörig. Und warum auch? Es gab dafür aktuell gar keinen Grund. Und auch die mir bevorstehende Alleinerziehenden-Situation musste daran doch nicht ganz automatisch etwas ändern?!


Das ich eines Tages alleinerziehend sein würde, das hätte ich nie für möglich gehalten. Ich, die mit zweiten Vornamen «Kontrollfreak» heisst. Und doch, ist genau das nun meine neue Realität.


So zerplatzten in diesen Tagen, die zahlreichen, mir Jahrzehntelang ausgemalten Seifenblasen, eine um die andere. PING - Traumprinz ade – PING- Mann der das Kinderzimmer nach meinen Wünschen streicht, ade, PING- Kind das Hoppe Hoppe Reiter auf den Schoss seines Vaters lachend spielen würde, ade.


Und all die plagenden Fragestellungen: Schaffe ich das, schaffe ich jenes? Habe ich ausreichend Energie die ich für diesen Marathon benötigen werde? Werde ich meinen Sohn alles bieten können? Ich werde keine Alimente bekommen; werde ich das denn finanziell überhaupt schaffen? Oder werden wir am Ende des Monats jeweils nichts mehr zu essen haben?

Mein Kopf glühte und ich musste runterkühlen, auf eine Normaltemperatur, sodass ich fähig war eins ums andere zu erledigen. Was mich beruhigte war die Vorstellung, was mein noch ungeborenes Kind dazu wohl sagen würde? Hatte es die gleichen Sorgen wie ich? Hört doch mal selbst:



«Mama – spürst du meine Tritte schon? Ich bin hier in deinem Bauch. Es geht mir hier richtig gut drin. Ich merke aber, dass es dir seit ein paar Tagen nicht so gut geht, weil du nun Gewissheit hast, dass Papa nicht bei uns sein wird, wenn ich geboren werde. Mir fehlt dein Lachen, welches mich durch die Vibration im Bauch bisher immer so gekitzelt hatte. Und deine sanfte Stimme, welche so ruhig zu mir spricht. Seit Tagen höre ich dich nur noch weinen. Und darüber bin ich ganz doll traurig.


Du brauchst dir doch gar keine Sorgen machen Mama. Weder um die finanzielle Situation und auch darüber nicht, dass ich ohne eine traditionelle Familie aufwachsen werde. Und auch nicht darüber, dass ich vermutlich auch kein Geschwister-Kind bekommen werde.

Das alles ist ok für mich und entscheidet nicht darüber, ob ich glücklich sein werde oder nicht. Mir sind ganz andere Dinge wichtig.


Schau mal- die Sache mit der traditionellen Familie ist doch so: Was ist denn heute schon normal? Hast du schon mal daran gedacht, dass ich es gar nicht anders kennen werde?! Wie soll ich denn etwas vermissen was ich gar nicht kenne. Für mich wird es das normalste der Welt sein allein mit meiner Mama aufzuwachsen.

Hauptsache ich habe dich und darf bei allem mitmachen was du machst.


Mach dir doch auch bitte keine Sorgen darüber, dass ich mehr im Haushalt einbezogen werde. Ich werde es ganz spannend finden, mit dir Wäsche zu waschen und den Geschirrspüler auszuräumen. Für euch Erwachsenen scheint das eine Last zu sein. Für mich ist das aufregend.


Oder diesen, wie nennt man dieses laute Gerät, ach ja -Staubsauger- anzuschmeißen. Der ist so laut und macht mir manches Mal ganz schön Angst, aber wenn du dabei bist habe ich keine Angst. Mir kann dann gar nichts passieren, denn ich weiß du gibst auf mich Acht. Und wenn ich dich brauche bist du für mich da. Dies ist etwas was mir zum Beispiel ganz wichtig ist! Aber nicht, ob ich 2 Mamis, 2 Papis oder nur eine Mami oder 1 Papi habe.


Ich bin glücklich, wenn du mir die Welt zeigst. Wenn du mir auf der Schaukel Schwung gibst und wir gemeinsam durch Pfützen springen. Du sagst, Du hast kein Geld das wir verreisen können? Mache dir doch keine Sorgen darüber. So lange ich klein bin bist du einfach das wichtigste für mich. Und ich freue mich einfach, wenn wir gemeinsam Zeit verbringen.


Wenn du mir sagst, dass du stolz auf mich bist und mich ganz fest an dich kuschelst, dann ist meine Welt vollkommen!


Mir ist es auch egal was ich anhabe und ob das eine Marke hat oder nicht. Hauptsache du ziehst mich nicht zu warm an oder zu kalt an und das Material ist nicht so kratzig.


Euch Erwachsen ist so vieles wichtig was uns Kindern noch gar nicht wichtig ist. Ich möchte auf Spielplatze, die sind doch gratis. Ich werde darüber staunen und dich dafür bewundern, das du die Verpackung des Joghurts so leicht aufbekommen wirst. Und ich freue mich darauf, mit dir Bücher anzuschauen, welche wir aus der Bücherei gemeinsam ausleihen.

Hauptsache wir verbringen ganz viel Zeit miteinander und Lachen ganz viel zusammen.


Mama ich habe dich schon jetzt ganz fest lieb und du und ich werden eine vollständige Familie sein, auch wenn sie ganz klein ist. Uns fehlt es an nichts, weil wir doch uns haben. Lachen, im See baden, im Winter einen Schneemann bauen. All das kostet keinen Cent aber macht mir ganz viel Spaß! Weil ich es mit dir zusammen machen darf.


Für mich bedeutet reich zu sein, dass man etwas zu essen hat, dass man nicht frieren muss und einen Menschen an der Seite hat, der einen lieb hat. Natürlich werde ich vermutlich später als Teil der Gesellschaft auch andere Wertvorstellungen bekommen. Aber angeboren sind mir die nicht. Später werden dann Geld und Anerkennung von anderen Menschen vermutlich auch über mein Glück mitbestimmen, aber zu Beginn meines Lebens werde ich noch ein Bewusstsein dafür haben, dass ich vollkommen zufrieden bin und ich mich reich fühle, weil ich dich habe.


Und mache dir auch keine Vorwürfe, wenn du arbeiten gehen musst. Das macht nichts. Denn du schaust ja das ich einen lieben Menschen habe der auf mich so lange aufpasst und mit frischer Energie mit mir spielt. Ich werde in der Zeit dann ganz viel mit den anderen Kindern etwas entdecken und dabei ganz viele Erfahrungen sammeln dürfen. Ich werde auch streiten lernen, was mich auf die Welt als Erwachsene sehr gut vorbereiten wird.


Auch wenn wir vielleicht netto weniger Zeit zusammen verbringen werden, als andere Familien, so ist das per se nicht etwas Schlechtes. Hauptsache wir verbringen die Zeit welche wir haben gut zusammen. In der wir lachen können und du gut gelaunt sein wirst. Ihr Erwachsenen nennt das glaube ich Quality Time. Das ist doch viel besser als ganz viel Zeit miteinander zu verbringen und dann immer nur zu stressen und schlecht drauf zu sein. Ich wünsche mir eine Mama die gut gelaunt ist. Und in der Zeit, welche sie mit mir verbringt, aufmerksam ist.


Und wenn es dir dann mal alles zu viel wird, weil du ganz alleine die ganze Verantwortung trägst und alles erledigst, so nehme dir auch mal Zeit für dich. Das ist für mich ok. Ich möchte einfach eine gut gelaunte Mama haben. Und so habe ich doch dann auch was davon. Denn ich werde dein Spiegel sein. Wenn es dir gut geht dann geht es auch mir gut. Wenn du nervös bist, so werde auch ich nervös sein.»



Tja, wer hätte das gedacht, meinem noch ungeboren Kind scheinen ganz andere Dinge wichtig zu sein. Essen, spielen, schlafen, kuscheln. In unserer verwöhnten Gesellschaft hätte ich die Befriedigung dieser Bedürfnisse automatisch als Basis vorausgesetzt und nicht für das vollkommene Glück gehalten. Aber genauso ist es und ich habe seitdem mir dies zu meinem Mantra gemacht.

Wenn wir gesund sind, wir ein Dach über den Kopf haben, etwas zu essen haben dann können wir bereits sehr dankbar sein und dies als Luxus betrachten. Denn vielen Menschen auf diesen Planeten haben genau dieses Glück nicht.

Mit meinem Sohn im guten Kontakt zu stehen, ihm einen Käfer auf der Wiese zu zeigen, einen Pils, welcher im Wald wächst, zu bestaunen und ihm die Zeit zu schenken gemeinsam die Arbeiten auf einer Baustelle zu bewundern.

Selbstverständlich ist das alles nicht, sondern es erfordert unsere harte Arbeit und einen gesunden Geist, dass wir beispielsweise die Zeit zum Spielen finden, auf uns schauen und alle Finanzen im Griff behalten. Also lasst uns von unseren Kindern lernen und ihnen zuhören. Denn sie wissen noch, dass es nicht viel Materielles braucht um glücklich zu sein, sondern dass es bereits Glück ist, wenn wir einfach gemeinsam Zeit in der Natur verbringen oder tanzend mit dem Staubsauger zur Musik saugen.

Wenn wir das mal verinnerlicht haben, dann besteht auch die Chance es unseren Kindern vorzuleben und diese schönen Gedanken ihnen mit auf ihren Lebensweg geben zu können. Natürlich wird das ihnen, so wie auch uns, nicht immer gelingen. Aber zumindest haben wir dann schon sehr viel richtig gemacht und ihnen den Weg gezeigt, zu einer unbezahlbaren und sowieso nicht käuflich zu erwerbender Zufriedenheit.



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