top of page

Und plötzlich stand er vor mir

  • Laura
  • 1. Nov. 2020
  • 8 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 12. Nov. 2020

Ich bekomme keine Luft mehr und kann nicht mehr richtig atmen. Das wollte ich doch nie mehr erleben. Aber in diesem Moment geschieht genau das mit mir. Und ich kann nichts dagegen tun.

Habe ich denn selber Schuld an dieser Situation? Nein. Oder würdet ihr sagen, dass ich selber schuld an meiner aktuellen Gefühlswelt bin? Aber erstmal von vorne erzählt…

Heute ist Montag. Am vergangenen Samstagabend hatte das Gotti (schweizerdeutsch für Patin) meines Sohnes, bzw. die „Göttin“, wie ich sie oft nenne, Geburtstag. Sie ist für mich ein wundervoller Mensch und steht unserer Ein-Elternfamilie sehr nah. Vor allem, weil sie mich tatkräftig dabei unterstützt hat, meinen Sohn auf die Welt zu bringen.

Abgesehen davon, ist sie einfach eine „Göttin“, weil sie eine starke Persönlichkeit hat, sehr selbstbewusst ist und was ich wirklich an ihr bewundere, sie kennt ihre Grenzen. Sie macht Nichts um anderen zu gefallen. Gleichzeitig ist sie aber für ihre Freunde da, wenn „Not am Mann/an der Frau“ ist. Wir haben beide das gleiche Verständnis von einer Freundschaft. Im Notfall ist man füreinander da, ansonsten kann man sich auch mal eine Zeit lang nicht hören oder sehen.

Ganz anders geht’s mir jetzt gerade. Ich muss von diesem Mann hören und die Bestätigung erhalten, dass er mich genauso toll findet wie ich ihn. Denn wir befinden uns noch in der absolut ungefestigten Anfangsphase. Jetzt sagt ihr, achso es geht also um einen Mann. Ja klar, um was denn sonst?! *lach*


Also, am Samstag hatte die „Göttin“ Geburtstag. Da leider schlechtes Wetter war, haben wir in der Wohnung auf ihren Geburtstag angestossen. Das bedeutete für mich und meinen anderthalb Jahre alten Sohn leider nur einen kurzen Besuch. Denn diese Wohngemeinschaft ist absolut der ungeeignetste Ort auf Erden für einen Anderthalbjährigen. Denn alles wird von ihm an einem anderen Ort gelegt und die Wohnung damit tatkräftig umgestaltet. Die Wohnung ist für Kleinkinder absolut ungeeignet.

Die einzige Party, welche für ihn zur Zeit geeignet wäre, wäre eine Abrissparty. Wie genial wäre denn das - er dürfte alles machen was ihn in den Sinn kommt. Und sicher wäre das auch heilsam für ihn denn ohne das „Nein“ von der Mama ist doch auch das Blödsinn machen nicht so interessant. Und so hätte er dann auch keine Gelegenheit, seinen Zeigefinger ebenfalls zu heben um zu zeigen „nein das darf ich nicht“. Was ausserhalb einer Abrissparty mich immer tierisch provoziert. Denn er weiss ganz genau, was er wann unterlassen soll.

Wie sehr wünsche ich mir auf dieser Geburtstagsparty, eine Zwei-Eltern-Familie zu sein, damit der Partner auch mal auf das Kind schauen kann und ich mich auf ein kurzes Gespräch einlassen könnte.

Da der Vater meines Sohnes aber nie Zeit mit ihm verbringt, habe ich auch nie Zeit, um mal alleine etwas zu unternehmen oder mich mit einer Freundin alleine zu treffen.

Meine Realität sieht halt anders aus. Ich bin einfach immer mit meinem Sohn allein und so eben auch allein auf dieser Geburtstagsparty für ihn zuständig. Auch kann ich natürlich nichts Alkoholisches trinken. Weil ich die bin, welche fahren muss.

Schlussendlich musste ich die Party früher als geplant verlassen, weil ich meinen unzufriedenen und lautstark meckernden Sohn, den anderen Gästen nicht weiter zumuten wollte. Denn meinen Sohn interessiert es herzlich wenig, dass eigentlich sein Gotti im Mittelpunkt stehen sollte. Denn sie hat ja schliesslich Geburtstag. Wir gingen also wieder nach Hause.

Ein paar Meter vor unserer Eingangstür trafen wir zufällig eine Nachbarsfamilie und erkundigten uns kurz wie es ihnen ging, denn sie waren in diesen Tagen am umziehen. Sie luden uns spontan ein, mit ihnen zu Abend zu essen. Ich weiß ehrlicherweise nie genau, ob so eine spontane Einladung nur höflich gemeint ist oder wirklich ernst gemeint ist. Auch bin ich super schlecht darin, dies heraus zu spüren. Seit kurzen handhabe ich solche Situationen aber so, dass ich die Einladung einfach annehme. Denn ehrlich gesagt kam mir das grad super gelegen, denn da ich ja nun bei dem Geburtstag nichts essen konnte, weil wir früher gehen mussten, war die spontane Einladung zum Nachtessen ein himmlisches Geschenk. Also nahm ich diese an. Wir waren eh spät dran und so dinierten wir mit den lieben Nachbarn in wunderbarer Gesellschaft auf ihrer Terrasse. Und hier gab es dann auch noch die Lösung für den fehlenden Alkohol Genuss – wir tranken gemeinsam Wein. Das Essen war frisch gekocht und lecker. Auch konnte ich relativ in Ruhe essen, weil die Nachbarn super kinderlieb sind und gern meinen Sohn bespassen. Und dies auch noch, wenn er zum zehnten Mal von der Terrasse entschwindet. Wie herrlich - ein Sommerabend an dem ich selbst auch mal etwas davon hatte. Und nicht bereits bei Tageslicht ins Bett gehen musste, weil ich so geschafft und fix und fertig von dem anstrengenden Tag als Alleinerziehende war. Denn ohne diesen frühen Schlaf wüsste ich nicht wie ich den nächsten Tag überstehen sollte.

Ich war also völlig zufrieden, mein Sohn war es auch, und die Nachbarn wirkten tatsächlich so, als ob sie es mit der Einladung ernst gemeint hatten.

Auf einmal kam eine andere Nachbarin am Gartenzaun vorbeigelaufen. Ich hatte sie noch nie gesehen. Sie war mir aber auf Anhieb sympathisch. Kurze Zeit später schaute dann noch eine andere Person über die Nachbars-Hecke, welchen ich ebenfalls noch nie gesehen hatte. Aber sofort das Bedürfnis verspürte dies zu ändern. Ihm schien es da genauso zu gehen und kurzer Hand sass er neben mir und wir waren in einem Gespräch vertieft. Es stellte sich heraus, dass es der Sohn von der anderen Dame war. Er gab mir bereits nach kurzer Zeit seine Telefonnummer und ich war darüber sehr froh, denn sonst hätte ich das definitiv gemacht. Er erwähnte schon früh im Gespräch, dass er geschieden sei. Seine 2 Kinder kamen dann später auch noch dazu.

Stunden später war mein Sohn dann müde und der schöne Unbekannte war zu diesem Zeitpunkt grad auf der Toilette. Ich verabschiedete mich dann bei allen anderen und brachte zufrieden meinen Sohn zu Bett. Als ich mich bereits abgeschminkt hatte und grad meine Zähne putzte, wünschte ich ihm per SMS noch schnell eine Gute Nacht. Er antwortete postwendet mit der Frage nach einen Schlummer Trunk. Und ich sagte spontan ja. Nochmals mich schminken und „in Schale schmeissen“? No way. Das ist kein Mann der Welt mehr wert. Wer mich kennen lernen will - dann doch bitte in genau dem Zustand in dem ich mich in meinem herausfordernden Alltag grad befinde. Er kam also auf meine Terrasse und wir nahmen die nächsten 6 Stunden einen Schlummer Trunk. Als es dann schon wieder hell wurde und ich mich langsam fragte, wie ich den unmittelbar bevorstehenden Tag überleben sollte, verabschiedeten wir uns. Das war ziemlich schwierig, denn die Chemie zwischen uns passte und so kamen wir nie richtig zum Schluss. Irgendwann waren wir aber dann vernünftig und er ging. Ich informierte ihn noch, dass er sich in Acht nehmen sollte vor dem Zombie der hier bereits in einigen Stunden durch die Nachbarschaft mit seinem Kind umherlaufen würde. Denn das Schlafdefizit wäre sicher riesig. Aber da war keine Reue, ich spürte nur Freude und hatte ein fettes Lächeln auf den Lippen. Ich schlief schnell und entspannt ein.

Wenige Stunden später war ich nun wieder auf den Beinen und im Alltagsprogramm mit meinem Sohn. Aber ich wurde getragen von dem Erlebnis mit diesem Mann. Plötzlich klingelte es an der Tür und er stand vor mir und so wusste ich, dass es kein Traum gewesen war. Er verbrachte dann ein paar Stunden am Vormittag mit uns. Er konnte so gut mit meinem Sohn umgehen. Das sind dann natürlich die Momente für die ich sehr anfällig bin. Ein grosser Mann mit seinen starken Armen und er spielt mit meinem Kind und dank seiner eigenen Erfahrung mit Kindern hatte er einen wundervollen Zugang zu meinem Sohn. Ich sitze da und himmle diesen Mann an. Und es ist bereits zu spät. Zu spät für meinen Verstand der sich doch schützen wollte und keinen Mann mehr in mein Leben lassen wollte. Und doch ist es passiert. In einem Moment an dem ich null damit gerechnet hatte. Da ich dann Besuch zum Grillen bekam, verabschiedeten wir uns.

Als der Besuch am Abend dann wieder weg war und ich aufgrund des wenigen Schlafes völlig am Ende war, verfluchte ich kurzer Hand, dass ich am Vorabend so unvernünftig gewesen war. Gleichzeitig war mir bewusst, dass es doch genau aber solche Momente sind, an denen man merkt, dass man noch als eigenständige Person existiert und nicht nur als Mutter.

Am Sonntagabend fing es dann an: Ein Blick nach dem anderen aufs Handy. Ob er nochmals geschrieben hat? Nein hatte er nicht. Ok, ich könnte ja auch schreiben aber leider setzte die typische Spirale ein. „Mach dich rar, dann bist ein Star“ – „willst du gelten mach dich selten“. Wow, so lange waren diese Sätze nicht mehr zu Gast in meinem Kopf. Aber da waren sie und wurden immer lauter. Ich entschied mich dann erstmal zu schlafen und am nächsten Tag mit klarem Kopf neu zu beurteilen.

Aber bei jedem Toiletten-Gang in der Nacht glitt der flüchtige Blick auf mein Handy und jeweils die Erkenntnis: Nein, keine Nachricht von ihm. Warum auch? Es war ja mitten in der Nacht und dieser Mann hatte ja ebenfalls Schlaf nachzuholen.


So und nun ist es eben Montag und die Sehnsucht wird intensiver und intensiver. Das ist wirklich eine Magie von einem anderen Stern. Denn ich will grad nur eins – diesen Mann sehen. Und frage mich, warum schreibt er mir nicht? Denkt er auch an mich? Oder kann er nicht schreiben, weil er meine Nummer verloren hat. Haha, der Klassiker *lach*. Naja. aber er weiss ja wo ich wohne. Wenn es ihm wichtig wäre, kann er mich besuchen kommen.

Ok, es ist Montag, das heisst, er arbeitet. Aber eine Nachricht zwischendurch? Vielleicht ist sie ja nicht rausgegangen da er kein Netz hat. Mein Gott diese Stimme in meinem Kopf nervt. Das ist ja die reinste Qual. Ich sage mir, dass er schon einen Grund dafür hat sich nicht zu melden bzw. noch nicht geschrieben hat.

Und trotzdem ist es da. Diese Warterei treibt mich noch in den Wahnsinn. Ich versuche mich zu beruhigen und nehme es als eine Lehrstunde über mich an. Stimmt etwas nicht mit meinem Selbstbewusstsein? Hey, ich weiß wer ich bin und wer ich nicht bin und wenn ich ihm gefalle dann meldet er sich schon. Und wenn nicht, dann ist es auch ok. Denn ich brauche keinen Mann in meinem Leben. Ich komme wunderbar allein zu Recht und war bis Samstagabend auch sehr zufrieden mit meinem Leben. Also, soweit wieder mein Kopf zurück gerückt.

Und doch ist er da, der permanente Begleiter in meinen Kopf, den ich nicht vor die Tür setzen kann. Das gehört wohl zu unserer Ausstattung als Mensch dazu. Wir sind fähig zu lieben. Auch wenn wir das nicht mehr wollen.

Denn ich wollte keinen Mann mehr. Ich bin dem nun wie ausgeliefert und muss jetzt grad damit klarkommen.

Und ist es nicht so - sobald eine SMS kommen wird, werden wieder alle Zweifel aus der Welt sein. Und wenn er sich nicht melden wird, ok dann wird der Begleiter in ein paar Wochen wieder aus meinem Kopf verschwunden sein.


Was dann aber bleiben wird, ist ein schöner unvernünftiger Sommerabend mit einer netten Nachbarschaft. Und die plötzliche Wende von dem Verlassen einer Geburtstags-Party, hungrig, ohne Alkoholgenuss und ohne entspannte Gespräche - zu einem netten Abend mit Alkohol, netter Gesellschaft und köstlichem Essen.

Es geht immer wieder weiter und meist sind es aber genau nicht die Anlässe die sich planen lassen, sondern die spontanen Situationen die sich ergeben.

Ich für meinen Teil möchte Raum für diese Art von Spontanität in meinem Leben lassen und darauf vertrauen, dass sich meine Wünsche erfüllen werden - halt einfach auf einen anderen Weg, als ich es mir vorstelle. Ich muss nur positiv bleiben und darauf vertrauen, dass der Rest schon von ganz allein kommt.








Comentários


Os comentários foram desativados.

©2020 Allein mit Kind by Laura Schäfer

bottom of page